Einmal im Jahr zum Weihnachtsfeste
gibt es bei uns gebrat’ne Gans
und zwar in Nürnberg-Land die beste.
Des Weihnachtsbratens Relevanz
zeigt sich bereits so vier, fünf Wochen
vor dem großen Festtagskochen.
Denn dann schon überlegen wir,
ob man dies’ Jahr ein ganzes Tier
bestellen sollte,
oder auch mal ganz bewusst
doch lieber Bio-Gänsebrust
aus Franken wollte.
Nach wochenlangem Hin und Her
ward schließlich sie bestellt –
und was dem Vater gut gefällt –
ziemlich groß und schwer.
Nackig liegt der hohle Körper da
vor Mutter auf der Arbeitsfläche.
Ganz kalt ohne sein Federkleid
tut ihr der Vogel schrecklich leid –
ihr war, als ob er mit ihr spräche.
Es wurde in der Oberpfalz
der Kopf getrennt vom Gänsehals –
kein Schwanz und keine Feder mehr,
das rührt das Herz der Köchin sehr.
Beim Waschen unterm Wasserhahn
fühlt Mutter sich der Gans recht nah.
Sie streichelt sanft dem Tier den Rücken
und kann sich Tränen nicht verdrücken.
Kurz denkt sie an das Wort vegan…
Mit Zwiebeln und ‘ner gelben Möhre
kommt unsre Gans dann in die Röhre.
Bald ziehen köstlichste Gerüche
durch unser Haus und in der Küche
sucht man schon Teller für das Mahl.
Und während Mutter etwas fahl
nur Blaukraut nimmt und einen Kloß,
vertilgen ganz bedenkenlos
auch diesen stimmungsvollen Winter
Vater, Oma und die Kinder
den allerbesten Gänsebraten.
Sie mussten ja nicht kochen.
Und soviel kann man schon verraten:
übrig blieben nur die Knochen.
© Katja John, 2017

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